WG154 – Briefentwurf an Alma Mahler
Wien oder nach Berlin im Zug oder in Berlin, Montag, 3. oder Dienstag, 4. Juli 1911

\Vollendetes Werk d. Natur./
Gerade um unserer merk-
würdigen Predestination [!]
zur Kinderschöpfung
\auf die alles in uns hindrängt/
willen scheint es mir
als wird unsere Liebe
eine Dauerhaftigkeit ohne-
gleichen besitzen, zu einer
Notwendigkeit führen

 Ich küsse jedes Fleckchen
Deines geliebten Körpers

 Unser letzter Nachmittag!
Ich zittere im Gedenken
dieser grenzenlosen Süßigkeit
Deine namenlose Güte.
Wo soll ich anfangen, wo auf-
hören, Dich zu preisen.

Versuche wieder zu
komponieren, gerade
jetzt!

 Wie soll ich nur
Worte finden, die die
Form erfüllen können,
die mir vorschwebt.

 Alles Gute in mir
wirst Du ans Licht bringen.

 Compensation unserer
Naturen.

 Warum mußten wir uns
wieder trennen, wann wirst Du
zu mir kommen

 mit diesen wenigen Tagen
hast Du mir alles vergolten,
was mir diesen Winter über aufer-
legt war.


Apparat

Überlieferung

, , , .

Quellenbeschreibung

2 Bl. (2 b. S.) – Viertel eines Papierbogens.

Druck

Erstveröffentlichung.

Korrespondenzstellen

Beantwortet durch AM77 vom 5. Juli 1911 (Am ersten Tag konnte ich meiner Befangenheit nicht Herr werden – aber das 2te Mal fand ich wieder – meinen jungen, schönen – edlen Bräutigam): Unser letzter Nachmittag!

Datierung

Aufgrund des Inhalts und der Korrespondenzstelle muss dieser Entwurf in Wien oder kurz nach WGs Wiener Aufenthalt entstanden sein, vielleicht sogar auf dem Weg von Wien nach Berlin, da WG wiederholt Briefe aus dem Zug schrieb. Als Datierung wird daher, bei einer Postlaufzeit von ein bis zwei Tagen zwischen Berlin und Toblach, der 3. oder 4. Juli 1911 angenommen.

Übertragung/Mitarbeit


(Fabian Müller)


A

\Vollendetes Werk d. Natur./ – in Tinte.